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Der lange Weg zum Straßenbahnmuseum - Ein geschichtlicher Rückblick

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg waren einige wenige Straßenbahnenthusiasten von der Idee beseelt, von den zur Ausmusterung anstehenden, teils noch aus der Anfangszeit der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) stammenden Wagen das eine oder andere Exemplar der Nachwelt zu erhalten. Diese Bemühungen hatten teilweise sogar Erfolg, wie sich anhand der Wagenverteilungspläne aus jener Zeit nachvollziehen lässt. Doch der Zweite Weltkrieg mit all seinen Folgen setzte diesen Anfangserfolgen rasch ein Ende. Und nach dem Krieg hatte man für solche Gedanken wahrlich keine Zeit, denn da galt es viel dringender, die zerstörten Städte wieder aufzubauen und die am Boden liegenden Verkehrsbetriebe wieder zum Laufen zu bringen.

Doch bereits Mitte der fünfziger Jahre, als ausreichend neue Straßenbahnfahrzeuge vorhanden waren, konnte wieder an die Ausmusterung eines Teil des überalterten Fahrzeugparks denken. Erneut bemühten sich einige Freunde der Straßenbahn - sowohl aus dem Hause SSB selbst, wie auch Nichtstraßenbahner - wenigstens einige wenige dieser Altwagen für die Nachwelt zu erhalten. Doch entgegen der Vorkriegszeit hatte man, dem Zeitgeist folgend, für solche Gedanken keinerlei Verständnis. Man sah die Ideen der Straßenbahnliebhaber als Spinnereien an, die nur Platz und Geld kosten.

Mitte der 1960er Jahre glaubten die Straßenbahnliebhaber, mit einem eingetragenen Verein bei der SSB mehr Verständnis für den Museumsgedanken zu finden. Dies führte 1966 zur Gründung der Gesellschaft zur Erhaltung von Schienenfahrzeugen e. V. (GES). Da allerdings die SSB an der Bewahrung historischer Straßenbahnfahrzeuge noch immer keinerlei Interesse zeigte, wandten sich die Akteure der GES in ihrer Mehrzahl bald überwiegend dem mehr Erfolg versprechenden Erhalt und Betrieb dampfbetriebener Eisenbahnen zu.
Dass in dieser Zeit trotzdem einige wichtigen Zeitzeugen der Straßenbahngeschichte (Tw WN 26, Tw 222, Tw 418, Tw 610) vor dem Schneidbrenner bewahrt werden konnten, lag am Einfallsreichtum der wenigen Straßenbahnfreunde. Eine erste zögerliche Änderung in der Haltung der SSB trat erst mit den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Straßenbahn in Stuttgart 1968 ein. Straßenbahnfreunde hatten die SSB im Vorfeld auf den noch vorhandenen Tw 222 aus der Anfangszeit des elektrischen Straßenbahnbetriebes hingewiesen, der daraufhin von der SSB als "Jubiläumswagen" restauriert wurde. Die Fahrten dieses Wagens durch die Stuttgarter Innenstadt kamen bei den Fahrgästen so gut an, dass sich die SSB entschloss, diesen und weitere Wagen dauerhaft zu erhalten.

Nach einigen Jahren der Stagnation nahmen die Straßenbahnfreunde zum weiteren Fortgang der Museumsbestrebungen erneut die Gründung eines Vereins in Angriff. So wurde im Jahr 1976 der Verein Straßenbahnmuseum Stuttgart e.V. (SMS) aus der Taufe gehoben. Diese Vereinigung, deren Ziele durch die SSB sehr wohlwollend unterstützt wurden, hatte zunächst beachtliche Erfolge vorzuweisen. Doch bald gab es wegen zahlreicher Fehlentscheidungen der Vereinsführung erhebliche Schwierigkeiten, insbesondere als die zu ambitionierten Museumsbahnpläne in Ostfildern scheiterten und der Verein schließlich nach Schönau im Odenwald umziehen musste. Fast schien es, als müsse man in Stuttgart den Museumsgedanken ein für allemal begraben.

Doch es geschehen immer noch Zeichen und Wunder. So setzten sich 1986 zwei leitende Angestellte der SSB mit einigen Straßenbahnfreunden in Verbindung und signalisierten eine wohlwollende Unterstützung seitens der SSB, wenn die Straßenbahnfreunde - freiwillig und unentgeltlich - auf dem Gebiet des Fahrzeugerhalts und der Aufarbeitung der Firmengeschichte mitwirken würden. Bedingung war lediglich die Trennung von dem glücklos handelnden Verein SMS. Diese Offerte ließen sich die Straßenbahnfreunde nicht entgehen und die sich daran anschließenden Tätigkeiten der losen Verbindung Interessengemeinschaft Stuttgarter Straßenbahnmuseum (IGSSM) wurden so positiv beurteilt, dass die SSB keine Einwände hatte, als aus dieser Gruppierung heraus schließlich am 25. Februar 1987 der heutige Verein Stuttgarter Historische Straßenbahnen e.V. (SHB) gegründet wurde.

Durch die Fahrzeugrestauration und die Mitwirkung der SHB an verschiedenen Veranstaltungen entstand der Publikumswunsch, die Sammlungen nicht nur zu besonderen Anlässen, sondern regelmäßig besichtigen zu können. Im Frühjahr 1988 griffen SSB und SHB den Vorschlag auf, die Sammlung in Gerlingen so aufzuarbeiten, dass sie wenigstens einmal monatlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könne. Bereits nach einem Jahr Vorbereitungen konnte dann am 29. April 1989 das Interims-Straßenbahnmuseum in der ehemaligen Wagenhalle in Gerlingen seine Pforten öffnen.

Nur durch das Engagement der ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieder konnten in der Zeit von 1986 bis 1994 insgesamt 11 historische Fahrzeuge vollständig restauriert und weitere ausstellungsfähig hergerichtet, verschiedene Berichte zur Geschichte des Nahverkehrs veröffentlicht und für die Besucher des Straßenbahnmuseums Gerlingen unterhaltsame und lehrreiche Führungen geboten werden. Auch die von der SHB initiierte Straßenbahn-Oldtimerlinie 23 fuhr von Anfang an kostendeckend und entwickelte sich zu einem tragenden Element des „lebendigen" Museums. Bereits am 5. Jahrestag der ersten Museumseröffnung konnte der 25.000. Besucher begrüßt werden, und das bei nur einem regulären Öffnungstag im Monat!

Unterdessen wurde die Sammlung auch um historische Omnibusse bereichert, die dem Verein SHB seither nicht nur im Vermietgeschäft attraktive Möglichkeiten der Vermarktung bieten

Die von Besuchern und Fachkreisen gleichermaßen hoch eingeschätzte Museumsarbeit bewog das Haus SSB, dem Verein den im September 1994 frei gewordenen Betriebshof Zuffenhausen als neues Museumsdomizil zur Verfügung zu stellen. Das Straßenbahnmuseum Gerlingen schloss daraufhin Ende 1994 seine Pforten. Nach nur einem halben Jahr konnte am 16. Mai 1995 das neue Straßenbahnmuseum Zuffenhausen im Beisein vieler Ehrengäste feierlich eröffnen. Der erste offizielle Öffnungstag fand dann einem Monat später am 24. Juni statt. Das neue Museum wurde vom Publikum derart gut angenommen, dass schon 14 Monate später der 10.000. Besucher in Zuffenhausen begrüßt werden konnte.

Der Erfolg des Straßenbahnmuseums Zuffenhausen lag u. a. auch darin begründet, dass es in enger Zusammenarbeit zwischen dem Museumsverein Stuttgarter Historische Straßenbahnen e.V. (SHB) und der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) betrieben wurde. Dieses sog. „Stuttgarter Modell" wird mittlerweile auch in anderen Städten mit Erfolg praktiziert.

Als der Umbau der letzten Stuttgarter Straßenbahnlinie 15 auf Stadtbahnbetrieb auch den Streckenast nach Stammheim erfasste, war ein sinnvoller Weiterbetrieb des Zuffenhäuser Museums aufgrund des Tunnelbaus nicht mehr möglich. Ein rein statisches Museum ohne Fahrbetrieb wurde von allen Beteiligten als nicht sinnvoll abgelehnt. So schloss die Ausstellung im Rahmen eines großen Abschiedsfestes am 27./28. Oktober 2007 ihre Pforten. In gut 12 Jahren zählten die Akteure mehr als 100.000 Besucher und Zigtausende Fahrgäste in den historischen Straßenbahnen. Unmittelbar danach begann der Umzug an den neuen Standort der Sammlung, das Straßenbahndepot in Bad Cannstatt.

Am 4./5. Juli 2009 eröffnete das neue Straßenbahnmuseum in Bad Cannstatt, die "Straßenbahnwelt Stuttgart". Diese Einrichtung wird in enger Kooperation zwischen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) und dem Verein Stuttgarter Historische Straßenbahnen e. V. (SHB ) betrieben. Seit 28.7.2018, genau 150 Jahre nach der Eröffnung der ersten Pferdebahnstrecke, heißt die Straßenbahnwelt Stuttgart nun Straßenbahnmuseum Stuttgart. Da es nicht möglich ist, die wesentlich gesteigerte Anzahl von Öffnungstagen nur mit ehrenamtlich tätigem Personal abzudecken, erfolgte eine teilweise Professionalisierung des Museumsbetriebs. Trotzdem sind die Aktiven von SHB auch weiterhin in großer Zahl im Museum tätig - sei es in der Besucherbetreuung, in der Gastronomie, als Fahrpersonal auf den historischen Fahrzeugen, bei der Restaurierung von Fahrzeugen und Gegenständen sowie bei der Gestaltung neuer Ausstellungen.

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